ERÖFFNUNG ARCHÄOLOGIEWEG ALBERNDORF

Unter der Schirmherrschaft von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner

am 3.September 2023, 14 Uhr bei der Jurte am Steinberg
(Ausweichquartier bei schlechtem Wetter: Dorfstadl Alberndorf)

Begrüßung durch Bgm. Christian Hartmann

Einführung in die Ergebnisse der Grabungen in Alberndorf durch Univ.Prof.Dr.Gerhard Trnka, Universität Wien
und Dir.Dr.Johann Tuzar, Krahuletz Museum Eggenburg

Zum Archäologieweg: Univ.Prof.Dr. Elisabeth von Samsonow, Akademie der bildenden Künste Wien und The Dissident Goddesses‘ Land
Performances, Musik und Kl. Bewirtung

Bedeutende Funde aus der Steinzeit in Alberndorf

Vor 30 000 Jahren wurde in Alberndorf auf der Riede „Toter Mann“ die Jagdbeute planmäßig zerlegt und verarbeitet.Ein Archäologieweg soll jetzt zu den Fundstellen führen und die Ergebnisse der archäologischen Grabungen vermitteln. Die Eröffnung des Archäologiewegs findet am 3.September um 14 Uhr bei der Jurte am Steinberg statt.

Vor über vierzig Jahren hat eine Entdeckungsgeschichte in Alberndorf begonnen, die vielleicht noch gar nicht abgeschlossen ist. Seit 1982 ist bekannt, dass beim Steinberg interessante Funde gemacht wurden. 1982 entdeckte der Winzer Karl Riepl bei der Terrassierung seines Weingartens am Flurstück „Toter Mann“ einen Mammutknochen. In Folge begannen paläontologischen Grabungen, die ein Teilskelett eines jungen Mammuts zutage brachten. Die Skelettreste kamen nach ihrer Untersuchung und Präparation ins Krahuletz-Museum in Eggenburg.
1990 wurden auf Anregung des damaligen Bürgermeisters Zottl weitere Untersuchungen auf dem oberhalb gelegenen Areal von Ewald Wollner, das gerade brach lag, begonnen und sogleich wieder eingestellt, da anstatt der vermuteten Mammutknochen zahlreiche Steingeräte gefunden wurden, die auf eine jungpaläolithische Station hinwiesen – ein seltener und bedeutender Fund, der große Aufmerksamkeit in der Forschung auf sich zog. Die Überraschung war groß! Man konnte das bereits geborgene Mammut mit den Steingeräten in Verbindung bringen, was bedeutete, dass das Mammut keinen natürlichen Tod gestorben, sondern erlegt worden war. Es schlossen sich Ausgrabungsarbeiten an, die vom Institut für Ur-und Frühgeschichte der Universität Wien zwischen 1991 und 1995 durchgeführt, im Jahr 1996 wurde die nahe gelegene Fundstelle Alberndorf 2 ausschnittweise untersucht. Die sich über Jahre hinziehenden Grabungen haben schließlich ein sehr gutes Ergebnis erbracht.

Zu dem heute international beachteten Fund in Alberndorf zählen über 20 000 Artefakte; hauptsächlich sind es Steinwerkzeuge, sog. Klingen („Messer“) und deren Kleinformen (Mikroklingen und Lamellen), Kratzer und Stichel…

Die Ausgrabung ist das Eine, das Andere ist die Auswertung der Funde. Diese Auswertung ist immer noch im Gange. Die archäologischen Funde aus Alberndorf bilden einen wichtigen Mosaikstein für die Forschung zum Jungpaläolithikum und zu einschlägigen Techniken, über die Homo sapiens (der anatomisch moderne Mensch) damals verfügt hat. Die Fundstelle Alberndorf 1 wird dem sogenannten Aurignacien zugeordnet, der frühen archäologischen Kultur des Jungpaläolithikums. Diese Zeit ist benannt nach einer Fundstelle in Aurignac in Frankreich, die typologisch dieselben Werkzeuge aufweist wie die, die man in Alberndorf gefunden hat. Alberndorf bildet eine der seltenen Fundstellen zum Aurignacien in Ostösterreich.
Die Mammutknochen, darunter bearbeitete Stoßzähne, werden wie die Steinwerkzeuge im Krahuletz-Museum in Eggenburg verwahrt und sind zum Teil in der Schausammlung ausgestellt. Vor allem sind die bearbeiteten Mammutstoßzähne aus Alberndorf 1 als herausragende Funde zu betrachten. Die Steinwerkzeuge aus Alberndorf 1 sind aus „Feuerstein“ (Hornsteine, Radiolarite usw.) und wurden zur Bearbeitung und zum Zerlegen von Leder, Holz, Knochen und Fleisch etc. direkt und für den Bedarf am Ort hergestellt. Die Steine, die für eine solche Bearbeitung Verwendung fanden, sind über größere Strecken vor Ort gebracht worden, da sie im Pulkautal nicht vorkommen. Man braucht bestimmte, geeignete Steine für die Steinwerkzeuge. Es gibt auffällig viele sehr kleine Klingen, was auf einen Einsatz an kleineren Werkstücken hinweist. Der Alberndorfer Fund bildet ein umfangreiches und wichtiges Inventar von Werkzeugen, die vor Allem zum Zerlegen der Jagdbeute dienten.
Die Funde wurden mittels der C14- Datierungsmethode auf eine Zeit um ca. 28 000 v. Chr. datiert (C14 ist ein Datierungsverfahren, das über die Zerfallszeit des C14-Isotops Aufschlüsse über das Alter von organischen Funden ermöglicht).

Mammut-Elfenbein für die Werkzeugherstellung

In Alberndorf 1 hat man einen für die Herstellung von Steinwerkzeugen benutzten Hammer aus Mammut-Elfenbein gefunden, der als seltenes und außerordentlich wichtiges Artefakt zu betrachten ist. Der Archäologe Leif Steguweit hat im Rahmen von Versuchen in der experimentellen Archäologie die Nutzung des Elfenbeinhammers für die sogenannte lithische Industrie (die Herstellung von Steinwerkzeugen) erprobt und dokumentiert.
Weiters gibt es Elfenbeinteile aus dem Fund Alberndorf I, die eine Bearbeitung in der Form von ringförmigen Einkerbungen am Stoßzahn aufweisen. Diese Artefakte werden als Vorstufen für geplante Werkzeuge oder vielleicht auch große Schmuckperlen betrachtet. Die bearbeiteten Stoßzähne verweisen auf die Planmäßigkeit der Beutetierverwertung. Möglich ist auch eine Spezialisierung innerhalb verschiedener, anspruchsvoller Arbeitsabläufe.
Der Archäologieweg möchte auf diese lange Geschichte des Ortes und die Besonderheit der Ausgrabung hinweisen. Es liegt im Interesse der Archäologie, dass man Funde an ihren Fundorten nachvollziehen kann, nicht nur in Vitrinen im Museum zu sehen bekommt. Die Landschaft des Pulkautals erhält im Licht der Funde von Alberndorf eine neue Bedeutung.
Das weite Pulkautal war vor rund 30 000 Jahren eine Kaltsteppenlandschaft, eine mit Wermutkraut bewachsene Gegend, die den Mammutherden und anderen Tieren die geeignete Nahrung bot.

Ausgrabungsstätte Alberndorf 1

Alberndorf im Pulkautal, GB Haugsdorf, PB Hollabrunn, NÖ, Flur „Toter Mann“, Fundstätte des Spätaurignacien, Kultur des Homo sapiens, umfangreiche Funde der „lithischen Industrie“, Knochenfunde von Großbeutetieren

Ausgrabungsstätte Alberndorf 2

Es gibt eine zweite Fundstelle in diesem Gebiet, die etwas weiter südwestlich am Steinberg liegt. Der Hadreser Heinz Fereberger hatte ursprünglich diese Stelle erkundet und dort Lesefunde gemacht, die zu Ausgrabungen führten. Die Ausgrabungsstätte Alberndorf 2 unterscheidet sich von Alberndorf 1; sie wird dem Gravettien, der archäologischen Kultur des mittleren Jungpaläolithikums zugeordnet. Diese Zeit folgt auf das Aurignacien. Die Funde aus Alberndorf 2 sind also jünger. Sie sind typologisch mit Funden aus Dolní Vestonice (Unterwisternitz)/CZ verwandt.